Dass Unternehmen im Rahmen des Bewerbungsverfahrens zum Probearbeiten einladen, ist keine Seltenheit. Dennoch stellt sich für Bewerber immer wieder die Frage, ob Sie für den Zeitraum des Probearbeitens bezahlt werden müssen. Anders als häufig vermutet, besteht in vielen Fällen tatsächlich ein Anspruch auf Vergütung. Erfahren Sie in diesem Beitrag, in welchen Fällen ein Anspruch auf Bezahlung beim Probearbeiten besteht.

Das Wichtigste in Kürze

Handelt es sich nicht nur um ein bloßes Kennenlernen des Unternehmens, sondern wird der Bewerber tatsächlich als Arbeitskraft eingesetzt, besteht ein Anspruch auf Vergütung. Dies gilt auch dann, wenn ein Probearbeitsvertrag geschlossen wurde, der eine Bezahlung ausschließt. Entscheidend ist, was in der Zeit des Probearbeitens tatsächlich geschieht.

Wichtige Unterscheidung: Probearbeit oder Einfühlungsverhältnis

Um die Frage, ob Probearbeiten bezahlt werden muss, beantworten zu können, muss zunächst zwischen tatsächlicher Probearbeit und einem sogenannten Einfühlungsverhältnis unterschieden werden. Oftmals wird für beide Begriffe synonym die Bezeichnung Probearbeit verwendet, obwohl die Abgrenzung entscheidend ist, um eine rechtliche Einordnung vornehmen zu können.

Für viele Menschen fallen beide der nachfolgenden Beispiele in die Kategorie Probearbeiten:

  • Eine kurze Einführung in die betrieblichen Abläufe und ein Kennenlernen der potenziellen Kollegen mit einer Dauer von wenigen Stunden
  • Das tatsächliche und teilweise mehrtägige Arbeiten in einem Unternehmen, um die Fähigkeiten und die persönliche Eignung unter Beweis zu stellen.

Dabei handelt es sich beim ersten Beispiel um ein sogenanntes Einfühlungsverhältnis und nur beim zweiten Beispiel um ein Probearbeiten im eigentlichen Sinne.

1. Definition eines Einfühlungsverhältnisses

Bei einem Einfühlungsverhältnis handelt es sich lediglich um ein unverbindliches Kennenlernen. Der Arbeitgeber lädt interessante Bewerber ein, das Unternehmen und den potenziellen Arbeitsplatz persönlich kennenzulernen.

Der Termin soll dazu dienen, etwaige Fragen zu klären und dem Bewerber die Möglichkeit geben, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Es handelt sich gewissermaßen um einen erweiterten Teil des regulären Bewerbungsverfahrens.

Während des Einfühlungsverhältnisses hält sich der Bewerber privat im Unternehmen auf und ist keinesfalls zur Mitarbeit verpflichtet – die Erbringung von Arbeitsleistungen ist prinzipiell nicht vorgesehen. Auch darf in dieser Zeit vom potenziellen Arbeitgeber keine Anwesenheitspflicht ausgesprochen werden. Der Bewerber entscheidet selbst, ob, wann und wie lange er im Unternehmen anwesend ist.

Es ist zwar erlaubt, dass der Bewerber kleinere Arbeitsaufträge ausführt, jedoch nur in einem begrenzten Umfang. Schaut der Bewerber in erster Linie den potenziellen neuen Kollegen über die Schulter und führt einzelne Arbeitsschritte aus, ist dies legitim.

Anders sieht es hingegen aus, wenn der Bewerber als vollwertige Arbeitskraft eingesetzt wird.

2. Kennzeichen eines tatsächlichen Probearbeitens

Das tatsächliche Probearbeiten unterscheidet sich insofern vom Einfühlungsverhältnis, als dass der Arbeitgeber ein Direktionsrecht ausübt. Ist dies der Fall, so liegt ein rechtsgültiges Arbeitsverhältnis vor – auch ohne einen schriftlichen Arbeitsvertrag.

Die Ausübung des Direktionsrechts kann beispielsweise dann gegeben sein, wenn der Arbeitgeber dem Bewerber für den Zeitraum des Probearbeitens feste Arbeitszeiten vorgibt.

Auch bei der Aufforderung, bestimmte Tätigkeiten auszuführen, Dienstkleidung zu tragen oder Pausenzeiten einzuhalten, kann vom Abschluss eines Arbeitsvertrags ausgegangen werden.

Entscheidend ist in keinem Fall die Bezeichnung der Probearbeitszeit, sondern das tatsächliche Geschehen in dieser Zeit. Selbst wenn ein Vertrag für ein Einfühlungsverhältnis geschlossen wurde, kann sich hieraus ein Arbeitsvertrag entwickeln, sofern das Geschehen von der tatsächlichen Definition eines Einfühlungsverhältnisses abweicht.

Muss Probearbeiten bezahlt werden?

Liegt ein tatsächliches Probearbeitsverhältnis vor, wie es oben beschrieben ist, besteht ein Vergütungsanspruch. Der Arbeitnehmer ist für seine Leistungen im Rahmen des Probearbeiten zu entlohnen.

Da es sich bei einem Probearbeitsverhältnis um ein rechtsgültiges Arbeitsverhältnis handelt, muss dieses darüber hinaus schriftlich beendet werden – und dies unter Einhaltung der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist.

Entscheidend ist darüber hinaus, ob vor Beginn des Probearbeitens ein Probearbeitsvertrag geschlossen wurde.

1. Probearbeiten mit Probearbeitsvertrag

Wurde zwischen Arbeitgeber und Bewerber ein Probearbeitsvertrag geschlossen, so ist in diesem auch die Vergütung für den Zeitraum der Probearbeit festzuhalten. Ein Probearbeiten ohne Vergütung ist in Deutschland unzulässig – auch dann, wenn der Vertrag eine entsprechende Klausel enthält.

Sollte ein derartiger Vertrag geschlossen worden sein und unterstand der Bewerber für die Dauer des Probearbeitens dem Direktionsrecht des Arbeitgebers, so besteht ein Anspruch auf Vergütung. Sofern der Arbeitgeber die nachträgliche Vergütung verwehrt, kann der Bewerber Klage vor dem Arbeitsgericht einreichen.

2. Probearbeiten ohne Probearbeitsvertrag

Sofern kein Probearbeitsvertrag geschlossen wurde, ergibt sich aus der Probearbeit mit hoher Wahrscheinlichkeit ein rechtsgültiger Arbeitsvertrag. Dieser unbeabsichtigte Vertragsabschluss kann für den Arbeitgeber erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Der Bewerber muss nicht nur für seine Arbeitszeit bezahlt werden, sondern kann darüber hinaus nicht ohne Weiteres entlassen werden. Es gilt die Mindestkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum letzten Tag des Monats. Der Arbeitgeber kann sich in diesem Fall nicht auf eine Probezeit berufen, da diese schriftlich hätte vereinbart werden müssen.

Fazit: Die Unterscheidung zwischen Probearbeit und Einfühlungsverhältnis ist entscheidend

Die Unterscheidung zwischen Probearbeit und Einfühlungsverhältnis ist entscheidend, um eine rechtliche Einordnung vornehmen zu können. Beim Einfühlungsverhältnis handelt es sich um ein unverbindliches Kennenlernen, bei dem keine Arbeitsleistungen erbracht werden müssen. Im Gegensatz dazu liegt beim tatsächlichen Probearbeiten ein rechtlich verbindliches Arbeitsverhältnis vor, bei dem eine Vergütungspflicht besteht.

Wenn ein Probearbeitsverhältnis vorliegt, muss der Arbeitgeber den Bewerber angemessen entlohnen. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Probearbeitsvertrag geschlossen wurde oder nicht. Sollte der Arbeitgeber die Vergütung verweigern, hat der Bewerber die Möglichkeit, Klage vor dem Arbeitsgericht einzureichen.

Ein Probearbeitsvertrag kann die Vergütung und die Rahmenbedingungen für die Probearbeit festlegen. Allerdings ist eine Klausel, die eine unbezahlte Probearbeit vorsieht, unzulässig. Falls kein Probearbeitsvertrag geschlossen wurde und der Bewerber dennoch im Unternehmen arbeitet, kann sich daraus unbeabsichtigt ein rechtsgültiger Arbeitsvertrag ergeben, der den Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Bewerber zu entlohnen und die gesetzlichen Kündigungsfristen einzuhalten.

Es ist für Arbeitgeber und Bewerber gleichermaßen wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen bei Probearbeit und Einfühlungsverhältnissen zu kennen, um mögliche rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.