Mit einer Berufsausbildung geht auch der Besuch einer entsprechenden Berufsschule einher. Die Zeit, welche Auszubildende hierfür aufwenden müssen, wird auf die Arbeits- beziehungsweise Ausbildungszeit angerechnet. Es gelten jedoch einige Ausnahmen – beispielsweise bei den Wegezeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb. Wie genau die Anrechnung eines Berufsschultages funktioniert und was es dabei zu beachten gilt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Das Wichtigste in Kürze

Grundsätzlich wird die Berufsschulzeit im Verhältnis 1:1 auf die Arbeitszeit des Auszubildenden angerechnet. Berufsschultage, die mehr als fünf Stunden á 45 Minuten umfassen, gelten hingegen als vollständiger Arbeitstag.

Anrechnung der Berufsschulzeit

Grundsätzlich werden die Zeiten, welche der Auszubildende im Rahmen seiner Berufsausbildung in der Berufsschule verbringt, auf die Arbeitszeit (Ausbildungszeit) des Auszubildenden angerechnet 1.

Entscheidend ist jedoch, wie viele Unterrichtsstunden der Berufsschultag umfasst und wie viele solcher Schultage der Auszubildende innerhalb einer Woche abzuleisten hat 2.

1. Schultage mit fünf oder weniger Unterrichtsstunden

Ein Schultag, der fünf oder weniger Unterrichtsstunden á 45 Minuten umfasst, wird mit der tatsächlichen Unterrichtszeit zuzüglich Pausenzeiten auf die Arbeits- beziehungsweise Ausbildungszeit angerechnet.

Muss ein Auszubildender beispielsweise pro Woche für je einen Tag vier Unterrichtsstunden á 45 Minuten absolvieren, welche von einer 15-minütigen Pause unterbrochen werden, so müssen ihm insgesamt drei Stunden und fünfzehn Minuten (4 × 45 Minuten Unterricht + 15 Minuten Pause) auf die Arbeitszeit angerechnet werden

2. Ein Schultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden

Handelt es sich hingegen um einen Schultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden á 45 Minuten, so wird dieser mit der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit angerechnet.

Sieht der Arbeitsvertrag beispielsweise 40 Wochenarbeitsstunden vor, aufgeteilt auf fünf Werktage, so beträgt die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit acht Stunden.

Ein einzelner Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden würde in diesem Fall eine Anrechnung von acht Arbeitsstunden zur Folge haben.

3. Zwei Schultage mit mehr als fünf Unterrichtsstunden

Muss der Auszubildende an zwei Tagen pro Woche in der Berufsschule erscheinen und an beiden Tagen mehr als fünf Unterrichtsstunden absolvieren, so greift eine Sonderregelung.

In diesem Fall gelten nur für einen der beiden Schultage die oben beschriebenen Regelungen zur Anrechnung der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit.

Für den zweiten Berufsschultag gilt, dass lediglich die tatsächliche Unterrichtszeit zzgl. Pausenzeiten angerechnet wird. An diesem Tag ist der Auszubildende verpflichtet, nach dem Ende der Berufsschule in den Ausbildungsbetrieb zurückzukehren.

Hierbei obliegt es dem Ausbildungsbetrieb, den entsprechenden Tag zu bestimmen, an welchem sich der Auszubildende nach Schulschluss im Betrieb einzufinden hat.

4. Ausnahmen bei Blockunterricht

Wird der Berufsschulunterricht in Form von Blockunterricht durchgeführt, bei welchem ein Block aus 25 oder mehr Unterrichtsstunden á 45 Minuten besteht, greift ebenfalls eine Sonderregelung.

In diesem Fall ist für jeden Berufsschultag innerhalb des Blocks die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit anzurechnen. Daraus resultiert, dass die vereinbarte Arbeitszeit in einer Unterrichtswoche als geleistet gilt, sofern der Unterricht wie geplant stattfindet.

Auch Pausen in der Berufsschule gelten als Arbeitszeit

Pausen, die während der Berufsschulzeit genommen werden, sind in jedem Fall auf die Arbeitszeit des Auszubildenden anzurechnen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Blockunterricht oder Regelunterricht handelt.

Gleichzeitig können die Schulpausen jedoch prinzipiell durchaus auch auf die Ruhepausen des Auszubildenden angerechnet werden, sofern diese den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Hat ein volljähriger Auszubildender während eines Schultages beispielsweise fünf Unterrichtsstunden á 45 Minuten mit insgesamt zwei Pausen á 15 Minuten absolviert, so sind ihm vier Stunden und 15 Minuten Arbeitszeit anzurechnen.

Kehrt der Auszubildende anschließend in den Betrieb zurück, muss ihm keine weitere Ruhepause zugestanden werden, da er diese bereits während des Berufsschultages eingelegt hat. Dennoch werden die Unterrichtspausen auf die Arbeitszeit angerechnet.

Ob die Fahrtzeit zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb als Ruhepause gewertet werden kann, ist nicht abschließend geklärt.

Weg von der Berufsschule zum Arbeitsort ist Arbeitszeit

Lange herrschte Unklarheit darüber, wie mit den Wegezeiten zu verfahren ist. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem März 2001 (AZR 413/99) bekräftigte, dass Wegezeiten zwischen Ausbildungsstätte und Berufsschule auf die Arbeitszeit anzurechnen seien.

Mit dem Inkrafttreten des Berufsbildungsmodernisierungsgesetzes (BBiMoG) im Jahr 2020 war dieses Urteil jedoch nicht länger einschlägig und fand daher keine Anwendung.

Doch seit dem 1. August 2024 gilt, dass die Wegezeiten, welche Auszubildende zwischen Ausbildungsstätte und Berufsschule zurücklegen müssen, auf deren Arbeitszeit anzurechnen sind 3.

Darf nach der Berufsschule noch gearbeitet werden?

Wie bereits dargelegt, dürfen Auszubildende nach einem kurzen Berufsschultag von fünf oder weniger Unterrichtsstunden zur Arbeit in den Ausbildungsbetrieb beordert werden. Selbiges gilt für einen Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden, sofern zwei solcher Berufsschultage innerhalb einer Woche anfallen.

Zu beachten ist jedoch, dass die Rückkehr in den Ausbildungsbetrieb sinnvoll und zumutbar sein muss.

Eine Rückbeorderung wäre beispielsweise dann nicht sinnvoll, wenn die Unterrichtszeit nur unwesentlich geringer ausfällt, als die zu leistende durchschnittliche tägliche Arbeitszeit.

Unzumutbar kann eine Rückbeorderung sein, wenn der Weg zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb so weit ist, dass dieser in keinem Verhältnis zur verbleibenden Arbeitszeit steht.

Was gilt, wenn der Unterricht ausfällt?

Da die Anrechnung der Berufsschulzeit prinzipiell im Verhältnis 1:1 erfolgt, gelten im Falle von Unterrichtsausfall Sonderregelungen. Ein schulfreier Tag oder der Ausfall der letzten Unterrichtsstunden ist daher nicht immer ein Grund zur Freude.

Fallen lediglich einzelne Stunden innerhalb eines Berufsschultages aus, so werden die ausgefallenen Stunden für gewöhnlich dennoch als Arbeits- beziehungsweise Arbeitszeit angerechnet.

Fällt hingegen die letzte Unterrichtsstunde oder gleich mehrere Unterrichtsstunden am Ende des Schultages aus, sodass die Berufsschule früher verlassen werden kann, so gelten die in diesem Beitrag unter dem Punkt „Anrechnung der Berufsschulzeit“ beschriebenen Regeln.

Hat der Auszubildende an diesem Tag fünf oder weniger Unterrichtsstunden geleistet, kann er zur Arbeit in den Betrieb einbestellt werden. Sind trotz des Unterrichtsausfalls mehr als fünf Unterrichtsstunden absolviert bleiben, wird für diesen Tag die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit angerechnet.

Fällt hingegen der komplette Schultag aus, kann der Ausbildungsbetrieb den Auszubildenden zur Leistung der vereinbarten täglichen Arbeitszeit verpflichten.

In allen oben beschriebenen Fällen sollten Auszubildende umgehend ihren Ausbildungsbetrieb über den Stundenausfall informieren. Das Vorenthalten dieser Information kann im schlimmsten Fall zu einer Abmahnung in der Ausbildung führen.

    Quellenverzeichnis

  1. § 15 BBiG – Freistellung, Anrechnung ↩︎
  2. § 9 JArbschG – Berufsschule ↩︎
  3. § 15 BBiG – Freistellung, Anrechnung ↩︎

Beitrag zuletzt aktualisiert am 13. September 2024 von Ralf Müller.