Die wöchentliche Arbeitszeit reduzieren und mit demselben Nettoverdienst nach Hause gehen? Was zunächst zu schön klingt, um wahr zu sein, ist für viele Arbeitnehmer bereits Realität. Rein rechtlich haben Beschäftigte in vielen Fällen sogar einen Anspruch darauf, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Wie Sie zusätzlich so mit Ihrem Arbeitgeber verhandeln, dass die Arbeitszeitreduzierung keine negativen Auswirkungen auf Ihr Gehalt zur Folge hat, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Das Wichtigste in Kürze
Wer bei gleichbleibendem Gehalt eine Reduzierung seiner Arbeitszeit anstrebt, der sollte sich überzeugende Argumente und eine wirksame Verhandlungsstrategie zurechtlegen. In vielen Fällen ist es zielführend, die Arbeitszeitreduzierung anstelle einer Gehaltserhöhung vorzuschlagen.
Rechtlicher Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch darauf, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Die Grundlage hierfür schafft das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in § 8 1.
Jedoch gilt in den meisten Fällen, dass bei einer Reduzierung der Arbeitszeit auch das Gehalt entsprechend nach unten korrigiert wird. Weniger Arbeit geht also zumeist auch mit weniger Entgelt einher.
Zudem muss beachtet werden, dass der Anspruch nach § 8 TzBfG nur dann geltend gemacht werden kann, wenn das Beschäftigungsverhältnis seit mehr als sechs Monaten besteht und das Unternehmen regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, steht der Verringerung der Arbeitszeit nichts mehr im Wege. Nur dringende betriebliche Gründung können Arbeitgeber ermächtigen, der Arbeitszeitverringerung zu widersprechen.
Reduzierte Arbeitszeit geht meist mit geringerem Gehalt einher
Jedoch müssen sich Arbeitnehmer in diesem Fall, wie bereits erwähnt, auf eine Kürzung ihres Bruttogehalts einstellen. Wer seine wöchentliche Arbeitszeit beispielsweise von 40 auf 30 Stunden reduziert (25 %), der muss mit einer Gehaltskürzung in selbiger Höhe rechnen.
Eine Reduzierung des Bruttogehalts um 25 % bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass sich auch das Nettogehalt um diesen Anteil reduzieren muss.
Dies ist dem progressiven Einkommenssteuersatz in Deutschland geschuldet. Je höher das Bruttogehalt ausfällt, desto mehr Einkommenssteuer beziehungsweise Lohnsteuer muss der Arbeitnehmer auf sein Einkommen entrichten.
Wer weniger verdient, muss also auch weniger Steuern zahlen – sowohl prozentual als auch in absoluten Zahlen. Dennoch hat eine beispielhafte Reduzierung der Arbeitszeit um 25 % große Auswirkungen auf den Nettoverdienst. Je nach Steuerklasse und ursprünglichem Bruttogehalt reduziert sich das Nettogehalt um etwa 21 bis 22 %.
Gehälter sind nicht in Stein gemeißelt
Jedoch sind Gehälter prinzipiell Verhandlungssache und so muss eine Reduzierung der Arbeitszeit nicht unbedingt eine Reduzierung des Gehalts (in selber Höhe) zur Folge haben.
Gerade dann, wenn es sich nur um eine geringfügige Reduzierung der Arbeitszeit handelt, haben Arbeitnehmer, abhängig von ihrer Position im Unternehmen, gute Chancen, ihre Arbeitszeit reduzieren zu können und ihr gewohntes Gehalt beizubehalten.
Entscheidend ist meist, wie wichtig der Beschäftigte für seinen Arbeitgeber ist und ob es die geplante Arbeitszeitreduzierung für den Arbeitgeber notwendig macht, zusätzliches Personal einzustellen.
Wer von einer Voll- auf eine Teilzeitstelle wechselt und seine wöchentliche Arbeitszeit beispielsweise um 50 % reduziert, der wird es schwer haben, diese Reduzierung bei einem gleichbleibenden Gehalt durchzusetzen.
So verhandeln Sie bessere Konditionen mit Ihrem Arbeitgeber
Viele Arbeitnehmer wären jedoch bereits zufrieden, wenn sich ihre wöchentliche Arbeitszeit um ein paar wenige Stunden reduzieren würde, sodass freitags beispielsweise nur ein halber Tag gearbeitet werden muss – und das bei gleicher Bezahlung.
Was sich wie ein Wunschtraum anhört, lässt sich in vielen Fällen jedoch durchaus in die Realität umsetzen.
Wie bereits erwähnt, ist entscheidend, in welcher Position der Beschäftigte tätig ist, welche Aufgaben er zu erledigen hat und wie sich eine Reduzierung der Arbeitszeit auf die Arbeitsleistung des Beschäftigten und somit in direkter Folge auch auf das Unternehmensergebnis auswirkt.
Ist es einem Arbeitnehmer aufgrund seiner langjährigen Erfahrung und Betriebszugehörigkeit möglich, seine Arbeitsaufgaben innerhalb von 36 anstelle von 40 Wochenstunden zu erledigen, so sind immer mehr Arbeitgeber bereit, eine Reduzierung der Arbeitszeit bei gleichem Gehalt zumindest in Erwägung zu ziehen – dieser Vorschlag muss jedoch offen kommuniziert werden.
Und genau daran scheitert es in den meisten Fällen bereits. Gerade im Berufsleben werden Wünsche durch den Beschäftigten häufig gar nicht erst kommuniziert oder es fehlt an sachlichen Argumenten, um diese überzeugend vorzubringen.
Natürlich ist es auch immer eine Frage der Grundhaltung des Arbeitgebers. Doch am Ende gilt: Wer nicht fragt, der nicht gewinnt.
Wenn Ihr Engagement und Ihre Fähigkeiten dazu führen, dass Sie für das Erledigen Ihrer Arbeitsaufgaben weniger Zeit benötigen, als es ihr Arbeitsvertrag oder Vereinbarungen mit Ihrem Arbeitgeber vorsehen, dann sollte dies durchaus honoriert werden – entweder durch eine Gehaltserhöhung oder eben eine Reduzierung der vertragliche vereinbarten Arbeitszeit.
Verhandlungsgeschick: Reduzierung der Arbeitszeit anstelle einer Gehaltserhöhung
Und das führt uns gleich zu einer äußerst bewährten Verhandlungsmethode, auf die sich viele Arbeitgeber einlassen: Statt einer Gehaltserhöhung schlagen Sie eine Reduzierung Ihrer Arbeitszeit vor.
Wenn es um Gehaltserhöhungen geht, beginnt bei Geschäftsführern und Personalern häufig das große Zähneknirschen. Mehr Kosten für das Unternehmen sind schließlich nie ein Grund zur Freude.
Wer stattdessen eine geringfügige Reduzierung der Arbeitszeit vorschlägt, der stößt zwar häufig zunächst auf Verwunderung, doch die Erfahrung zeigt, dass immer mehr Arbeitgeber bereit sind, sich auf einen solchen Vorschlag einzulassen.
Dabei können Sie als Arbeitnehmer sowohl Jahresgespräche, wie sie in vielen Unternehmen geführt werden, zum Anlass nehmen als auch proaktiv in die Verhandlungen gehen.
Häufig empfiehlt es sich jedoch, zunächst das Thema Gehaltserhöhung anzusprechen und dann die Reduzierung der Arbeitszeit als Alternativvorschlag in das Gespräch einzubringen.
So eröffnen Sie die Unterhaltung mit einem altbekannten (und oftmals verhassten) Thema und bieten Ihrem Gegenüber eine moderne Alternative an, die für Ihren Arbeitgeber zunächst nicht mit Mehrkosten verbunden ist.
Welche Arbeitszeitreduzierungen sind realistisch?
Um wie viele Stunden beziehungsweise um wie viel Prozent sich die Arbeitszeit reduzieren lässt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig und sollte stets vorab im Einzelfall bewertet werden.
Es empfiehlt sich, eine mögliche Gehaltserhöhung als Orientierungshilfe zu wählen.
Im Regelfall lassen sich in Gehaltsverhandlungen jährliche Erhöhungen zwischen 3 und 10 % erzielen – diese Werte unterscheiden sich jedoch teils stark und gelten bestenfalls als grobe Richtwerte.
Zudem muss berücksichtigt werden, auf wie viele Arbeitsstunden realistisch verzichtet werden kann, ohne dass die Unternehmensabläufe darunter leiden. Schließlich soll die Reduzierung der Arbeitszeit zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten werden.
Die Verhandlungsstrategie sollte so gewählt werden, dass der Arbeitgeber für sich ein gutes Geschäft wittert.
Wer beispielsweise eine 40-Stunden-Woche leistet und auf eine Gehaltserhöhung von 10 % spekuliert, der kann stattdessen eine Reduzierung der Arbeitszeit in Höhe von 5 % ins Spiel bringen: gleiches Gehalt bei zwei Wochenstunden weniger.
Genau wie bei einer Gehaltsverhandlung kann natürlich auch die Arbeitszeit in ein oder zwei Jahren erneut verhandelt werden.
Doch auch über mehrere Jahre hinweg ist eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit um mehr als 20 % eher unwahrscheinlich.
Andernfalls kommt früher oder später die Frage auf, ob die Stelle überhaupt benötigt wird oder alternativ nicht doch grundsätzlich mit einem geringeren Stundenumfang bemessen werden sollte.
Quellenverzeichnis
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Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine rechtliche Beratung dar. Bei konkreten rechtlichen Fragen oder Anliegen empfehlen wir, einen Rechtsanwalt zu konsultieren.