Entgegen vieler Behauptungen existiert im deutschen Arbeitsrecht kein grundlegender Anspruch auf eine Abfindung, wenn ein Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber gekündigt wird. Auch eine betriebsbedingte Kündigung garantiert keinen Abfindungsanspruch. In welchen Fällen Arbeitnehmer dennoch Anspruch auf eine Abfindung haben und was es dabei zu beachten gilt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Das Wichtigste zu Abfindungsansprüchen

Auch wenn kein grundlegender rechtlicher Anspruch auf Abfindungen existiert, sind viele Arbeitgeber dennoch bereit, im Rahmen einer Kündigung Abfindungen zu zahlen. In vielen Fällen haben Arbeitnehmer darüber hinaus die Möglichkeit, im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung zu erzielen.

Kein Abfindungsgesetz im deutschen Arbeitsrecht

Grundsätzlich sind Arbeitgeber im Rahmen einer Kündigung nicht dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Abfindung zu zahlen. Doch das Thema ist deutlich komplexer, als es zunächst den Anschein hat.

In den meisten Fällen handelt es sich bei einer Abfindungszahlung um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Oftmals soll durch die Zahlung einer Abfindung auch eine Kündigungsschutzklage durch den ehemaligen Arbeitnehmer verhindert werden. Grundsätzlich können auch Arbeits- oder Tarifverträge sowie Sozialpläne Klauseln enthalten, die dem Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen eine Abfindungszahlung zusprechen.

Doch auch wenn es sich meist um freiwillige Abfindungszahlungen handelt, kann unter gewissen Umständen dennoch ein rechtlicher Anspruch bestehen. Sind gewisse Kriterien erfüllt, können Arbeitgeber dazu verpflichtet sein, nach einer Kündigung eine Abfindung zu zahlen.

Rechtlicher Anspruch auf Abfindung

So kann ein rechtlicher Anspruch auf eine Abfindung durch individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber entstehen. Beispielsweise im Rahmen eines Arbeits- oder Tarifvertrags. Auch Sozialpläne können Klauseln auf Abfindungsansprüche enthalten.

Auch ein Anspruch von Gesetzeswegen ist unter bestimmten Umständen möglich. Hierbei handelt es sich jedoch eher um Ausnahmefälle, auf welche wir nachfolgend eingehen werden.

1. Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

Erfolgt die Kündigung des Arbeitnehmers aus betriebsbedingten Gründen, kann sich hieraus ein Anspruch auf eine Abfindung ergeben. Doch Vorsicht: Aus der betriebsbedingten Kündigung als solche ergibt sich noch kein Anspruch auf eine Abfindung. Es müssen weitere Faktoren gegeben sein, damit der gekündigte Arbeitnehmer eine Abfindung einfordern kann.

Dazu zählt, dass die Kündigung zunächst ausdrücklich aus betrieblichen Gründen erfolgen muss.  Der Arbeitgeber muss darüber hinaus im Kündigungsschreiben darauf hinweisen, dass beim Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage eine Abfindung gezahlt wird.

Nur wenn diese Faktoren gegeben sind und der gekündigte Arbeitnehmer die dreiwöchige Klagefrist verstreichen lässt, ergibt sich ein Anspruch auf die zugesicherte Abfindungszahlung.

Der Arbeitgeber nutzt in diesem Fall die Abfindungszahlung, um einer Kündigungsschutzklage aus dem Weg zu gehen. Hierbei handelt es sich durchaus um eine gängige Praxis, die aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist.

2. Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht

Erhebt der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht, kann dieses ihm unter Umständen eine Abfindung zusprechen. Stellt das Gericht fest, dass die Kündigung unrechtmäßig war, so besteht das Arbeitsverhältnis weiter fort.

Kommt das Gericht nun zu der Auffassung, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für den Arbeitnehmer unzumutbar, so kann es die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen die Zahlung einer Abfindung beschließen.

Das Arbeitsgericht kann eine Abfindung von bis zu zwölf Monatsgehältern festsetzen. Je nach Alter des Arbeitnehmers und seiner Betriebszugehörigkeit kann die Abfindungszahlung sogar bis zu achtzehn Monatsgehälter betragen. Es sollte jedoch beachtet werden, dass die Unzumutbarkeit der Zusammenarbeit nur in Ausnahmefällen vom Arbeitsgericht festgestellt wird.

4. Vergleich vor dem Arbeitsgericht

Doch nicht nur die Feststellung der Unzumutbarkeit der Zusammenarbeit kann zu einer Abfindungszahlung führen. Nicht selten regt das Arbeitsgericht bei einer Kündigungsschutzklage an, einen Vergleich abzuschließen. So soll im Rahmen der sogenannten Güteverhandlung ein langwieriger Prozess vermieden und eine gütliche Einigung erzielt werden.

Auch wenn das Gericht den Arbeitgeber nicht zur Zahlung einer Abfindung verurteilt, führt die Anregung eines Vergleichs oft zum Erfolg. Zeichnet sich für den Arbeitgeber ab, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam war, vermeidet er durch das Schließen eines Vergleichs, den Arbeitnehmer weiter beschäftigen oder eine vom Gericht angeordnete Abfindung zahlen zu müssen.

5. Abfindung als Nachteilsausgleich

Auch das Betriebsverfassungsgesetz sieht teilweise Abfindungszahlungen vor. So ist in § 113 BetrVG festgelegt, dass Abfindungen als Nachteilsausgleich zu zahlen sind, wenn der Arbeitgeber eine Betriebsänderung durchgeführt hat, ohne einen Interessensausgleich mit dem Betriebsrat angestrebt zu haben.

Auch wenn ein Interessensausgleich mit dem Betriebsrat vereinbart wurde und der Arbeitgeber von diesem ohne zwingenden Grund abweicht, ist eine Abfindungszahlung vorgesehen. Voraussetzung in beiden Fällen ist selbstverständlich, dass die Betriebsänderung die Entlassung des Arbeitnehmers zur Folge hatte.

6. Abfindungen im Tarif- oder Arbeitsvertrag

In einigen Fällen enthalten Tarifverträge Klauseln, die Arbeitnehmern im Falle einer Kündigung durch den Arbeitgeber Abfindungszahlungen zusprechen. Jedoch enthält bei weitem nicht jeder Tarifvertrag eine derartige Regelung. Findet ein Tarifvertrag Anwendung, sollte dieser im Einzelfall auf entsprechende Klauseln geprüft werden.

Auch Arbeitsverträge können prinzipiell Vereinbarungen über Abfindungen enthalten. Ist eine solche Klausel enthalten und sind die dort genannten Voraussetzungen erfüllt, ergibt sich für den Arbeitnehmer ein entsprechender Anspruch. Abfindungsvereinbarungen in Arbeitsverträgen sind allerdings eher eine Ausnahme.

Abfindungen im öffentlichen Dienst

Auch Angestellte im öffentlichen Dienst können Anspruch auf eine Abfindung haben, sofern die Kündigung betriebsbedingt erfolgt. Darüber hinaus können Beschäftigte im öffentlichen Dienst, genau wie andere Arbeitnehmer auch, Kündigungsschutzklage erheben. Nicht selten bieten auch öffentliche Arbeitgeber in diesem Fall die Zahlung einer Abfindung an.

Beamte können jedoch grundsätzlich keine Abfindung erhalten. Jedoch stehen ihnen unter Umständen andere finanzielle Leistungen, wie beispielsweise Übergangsgeld, zu.

Abfindungen bei Minijob, Teilzeit & Kurzarbeit

Minijobber und Arbeitnehmer in Teilzeit oder Kurzarbeit haben dieselben Rechte, wie ihre Kollegen in einer Vollzeitanstellung. Unter den oben beschriebenen Umständen können auch sie Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung haben. So kann beispielsweise auch während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine Abfindung gezahlt werden.

Höhe der Abfindung berechnen

Die Höhe der zu zahlenden Abfindungssumme ist rechtlich nicht genau definiert. Wie bereits erwähnt hat auch das Arbeitsgericht einen gewissen Spielraum, wenn im Rahmen einer unrechtmäßigen Kündigung die Zahlung einer Abfindung angeordnet wird. Sollte die Abfindung im Rahmen einer arbeits- oder tarifvertraglichen Regelung gezahlt werden, ergibt sich die Höhe der Abfindung aus dem entsprechenden Vertragsabschnitt.

Als Faustformel zur Berechnung der Abfindung dient die sogenannte Regelabfindung. Die Höhe der Abfindung ergibt sich hierbei aus der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers um dem letzten Monatsgehalt. In einigen Fällen wird auch das Durchschnittsgehalt der letzten drei Monate als Berechnungsgrundlage gewählt.

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Abfindungen müssen versteuert werden

Abfindungen müssen grundsätzlich versteuert werden. Sie werden seit 2006 als außerordentliche Einkünfte betrachtet. Hierbei ist es unerheblich, aus welchem Grund die Abfindung gezahlt wurde.

Mithilfe der sogenannten Fünftelregelung lassen sich mitunter jedoch Steuern sparen. Arbeitgeber sind bei der Zahlung einer Abfindung dazu verpflichtet, zu prüfen, ob dem Arbeitnehmer durch die Anwendung der Fünftelregelung ein Vorteil entsteht.

Ist dies der Fall, ist die Fünftelregelung automatisch durch den Arbeitgeber anzuwenden. Es empfiehlt sich für Arbeitnehmer dennoch, nach Erhalt der Abfindung mithilfe der Gehaltsabrechnung zu prüfen, ob die Fünftelregelung auch tatsächlich angewendet wurde.

Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, einen Teil der Abfindungssumme steuerfrei in eine betriebliche Altersvorsorge einzuzahlen. Auch auf diese Weise können Arbeitnehmer kräftig Steuern sparen. Die Möglichkeit zur steuerfreien Umwandlung der Abfindung gilt allerdings nur für Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds. Eine steuerfreie Einzahlung der Abfindung in eine Riester- oder Rürup-Rente ist nicht möglich.

Abfindung verhandeln bei Aufhebungsvertrags

Ist eine Kündigung des Arbeitnehmers nicht ohne weiteres möglich, greifen viele Arbeitgeber auf Aufhebungsverträge zurück. Ein solcher ermöglicht das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis im beidseitigen Einverständnis, ohne dass der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund vorbringen muss.

Nicht selten stellen Arbeitgeber im Rahmen eines Aufhebungsvertrags eine Abfindung in Aussicht. Sie soll den Arbeitnehmer dazu motivieren, freiwillig aus dem Unternehmen auszuscheiden.

Die Höhe der angebotenen Abfindung kann der Arbeitgeber hierbei frei wählen. Für Arbeitnehmer empfiehlt es sich oftmals, die Höhe der Abfindung nachzuverhandeln. Eine Orientierungshilfe kann hierbei die oben genannte Regelabfindung sein.

Allerdings ist auch bei Aufhebungsverträgen die Zahlung einer Abfindung nicht vorgeschrieben. Auch hier ist sie lediglich eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Sollte vom Arbeitgeber ein Aufhebungsvertrag vorgelegt werden, der keine Abfindung vorsieht, kann diese jedoch in vielen Fällen nachverhandelt werden.