Sind Schule, Kindergarten oder Kita vorübergehend geschlossen, stehen berufstätige Eltern oft vor einem großen Problem. Wenn die Betreuung des Nachwuchses nicht anderweitig organisiert werden kann, besteht unter Umständen ein Anspruch auf eine bezahlte Freistellung in Form von Sonderurlaub. Wer einen Anspruch auf Sonderurlaub zur Kinderbetreuung hat, wie lange dieser gilt und was Arbeitnehmer beachten müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Das Wichtigste in Kürze
Sind Schule, Kita oder Kindergarten aufgrund eines Streiks oder wegen Personalmangel geschlossen, so können Arbeitnehmer von ihrem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen, um die Betreuung ihres Kindes zu übernehmen. Voraussetzung ist, dass eine anderweitige Betreuung der Kinder nicht möglich ist. In den meisten Fällen besteht zudem ein Anspruch auf Lohnfortzahlung für die Dauer der Betreuung.
Sonderurlaub bei einer Schul- oder Kitaschließung
Wenn berufstätige Eltern aufgrund einer Schließung der Kita, des Kindergartens oder der Schule die Betreuung eines Kindes übernehmen müssen, haben sie gegenüber ihrem Arbeitgeber unter Umständen ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet § 275 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches 1.
Findet § 275 BGB Anwendung, so handelt es sich hierbei jedoch um eine unbezahlte Freistellung und nicht um Sonderurlaub im herkömmlichen Sinne.
Darüber hinaus kann ebenfalls ein Anspruch auf eine bezahlte Freistellung nach § 616 BGB entstehen 2. Da dieser Paragraf jedoch dispositiv ist, kann er im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen eingeschränkt oder gänzlich ausgeschlossen werden 3.
Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 275 BGB
Damit der Arbeitnehmer von seinem Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB Gebrauch machen kann, sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
Demnach müssen berufstätige Eltern im Falle der vorübergehenden Schließung einer Einrichtung zunächst versuchen, die Betreuung ihres Kindes anderweitig zu organisieren. Nur wenn dies nicht möglich ist, besteht die Möglichkeit, vom Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen.
Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 BGB
Die meisten Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Lohnfortzahlung während der Betreuung ihres Kindes. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dem Arbeitnehmer wird die Lohnfortzahlung zugesichert, sofern die Betreuung „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ und „ohne sein Verschulden“ notwendig ist.
Der genaue Zeitraum, für welchen ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht, ist nicht genau definiert. Bei der Betreuung eines kranken Kindes stehen Eltern bis zu 10 Tage Sonderurlaub pro Jahr zu. Es ist davon auszugehen, dass der Anspruch auf Sonderurlaub bei einer Schul- oder Kitaschließung ebenfalls höchstens 10 Tage beträgt.
Arbeitnehmer sollten jedoch beachten, dass der Anspruch auf bezahlte Freistellung nach § 616 BGB in Arbeits- und Tarifverträgen sowie Betriebsvereinbarungen eingeschränkt oder vollständig ausgeschlossen werden kann.
Ist dies der Fall, können sich Eltern zwar immer noch auf ihr Leistungsverweigerungsrecht berufen, jedoch haben sie in diesem Fall keinen Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung – es handelt sich in diesem Fall um eine unbezahlte Freistellung.
Es ist daher ratsam, zunächst die entsprechenden Verträge und Vereinbarungen auf Sonderregelungen zu untersuchen.
Dauer des Sonderurlaubs bei Kita- oder Schulschließung
Ein Höchstzeitraum für die Dauer zur Inanspruchnahme des Leistungsverweigerungsrechts ist nicht näher definiert.
Dennoch sollten Arbeitnehmer bei einer länger anhaltenden Kita- oder Schulschließung in jedem Fall schnellstmöglich nach alternativen Betreuungsmöglichkeiten suchen. Zumindest der Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 BGB erlischt im Regelfall nach spätestens 10 Tagen.
Sonderregelungen in Arbeits- und Tarifverträgen
Neben einem Rechtsanspruch nach § 275 BGB können zudem Arbeits- und Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen Sonderregelungen beinhalten.
So ist es durchaus möglich, dass derartige Verträge und Vereinbarungen gesonderte Regeln für den Umgang mit kurzfristigen Schul- und Kitaschließungen beinhalten. Möglicherweise wird eine Lohnfortzahlung nach § 616 BGB ausgeschlossen, dafür aber beispielsweise die Arbeit im Homeoffice als Alternative angeboten.
Das gilt für Beschäftigte im öffentlichen Dienst
Sowohl im TVöD als auch im TV-L ist genauestens geregelt, in welchen Fällen ein Anspruch auf eine bezahlte Freistellung in Form von Sonderurlaub besteht. Kita- oder Schulschließungen sind jedoch weder im TVöD noch im TV-L explizit als mögliche Freistellungsgründe aufgeführt.
Laut § 29 Abs. 3 TVöD und TV-L besteht jedoch in “sonstigen dringenden Fällen” die Möglichkeit, Arbeitnehmer bis zu drei Tage unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen 4 5. Die Betreuung eines Kindes kann durchaus als ein solcher dringender Falle interpretiert werden.
Zu beachten ist jedoch, dass den Beschäftigten kein dahingehender Rechtsanspruch zugesprochen wird. Der Dienstherr hat lediglich die Möglichkeit, eine bezahlte Freistellung von bis zu drei Tagen zu gewähren.
Sonderurlaub muss beantragt werden
Trotz der Möglichkeit, vom Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, sind Arbeitnehmer dazu verpflichtet, ihr Fernbleiben von der Arbeit schnellstmöglich beim Arbeitgeber anzuzeigen. Es empfiehlt sich, einen regulären Antrag auf Sonderurlaub zu stellen und auf die besonderen Umstände in Bezug auf § 616 BGB oder § 275 BGB hinzuweisen.
Im Regelfall sollte neben der Einreichung eines schriftlichen Antrags auch das persönliche Gespräch mit dem Arbeitgeber oder Vorgesetzten gesucht werden. So lässt sich die Notwendigkeit der Betreuung noch einmal besser erklären, als es im Rahmen eines Sonderurlaubsantrags möglich ist.
Quellenverzeichnis
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Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine rechtliche Beratung dar. Bei konkreten rechtlichen Fragen oder Anliegen empfehlen wir, einen Rechtsanwalt zu konsultieren.