Ein Bahnstreik kann zu erheblichen Störungen im Berufsverkehr führen und Arbeitnehmer vor große Herausforderungen stellen. Es ist mit deutlich längeren Fahrzeiten zu rechnen und teilweise ist es fraglich, ob Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz überhaupt rechtzeitig erreichen können. Eine Möglichkeit, um dem Chaos zu entgehen, ist das Arbeiten von zu Hause aus. Doch haben Arbeitnehmer bei einem Streik tatsächlich ein Recht auf Homeoffice?
Das Wichtigste in Kürze
Sofern es keine entsprechende Absprache zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber gibt, haben Sie auch bei einem Streik kein Recht auf Homeoffice. Es ist die Pflicht des Arbeitnehmers, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. Auch dann, wenn sich der Arbeitsweg aufgrund eines Streiks besonders aufwendig gestaltet.
Kein allgemeines Recht auf Homeoffice
Es gibt keinen allgemeinen Rechtsanspruch auf das Arbeiten im Homeoffice – dies gilt auch im Falle eines Bahnstreiks. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um einen angekündigten oder einen kurzfristigen Streik handelt. Grundsätzlich liegt es in der Verantwortung des Arbeitnehmers, seinen Arbeitsplatz rechtzeitig zu erreichen.
Sofern es in Ihrem Arbeitsvertrag keine entsprechende Regelung gibt, können Sie lediglich auf das Verständnis Ihres Arbeitgebers hoffen. Denn dieser entscheidet kraft seines Direktionsrechts über den Ort der Arbeitsleistung 1.
Besteht Ihr Arbeitgeber trotz eines Streiks auf Ihr Erscheinen am Arbeitsplatz, haben Sie keine andere Wahl, als den Weg zur Arbeit dennoch anzutreten. Handeln Sie der Anweisung Ihres Arbeitgebers zuwider, kann dies im schlimmsten Fall zu einer Abmahnung führen.
Denn als Arbeitnehmer tragen Sie das sogenannte Wegerisiko 2.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Arbeitgeber Sie wegen einer einmaligen Verspätung abmahnt, ist vermutlich gering. Dennoch gilt: Sollten Sie während eines Streiks Ihrer Arbeit ohne vorherige Absprache gänzlich fernbleiben, kann dies durchaus arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Auch dann, wenn Sie Ihre Arbeit von zu Hause aus erledigen.
Handelt es sich um einen spontanen Streik, der nicht zuvor angekündigt wurde, ist bei einer Verspätung von einem verständnisvollen Arbeitgeber im Regelfall keine Abmahnung zu befürchten. Dennoch haben Sie in diesem Fall die Pflicht, Ihren Arbeitgeber schnellstmöglich über die Verspätung zu informieren und die Arbeit vor Ort anzutreten. Auch bei einem spontanen Streik ist es Ihnen nicht erlaubt, eigenmächtig von zu Hause aus zu arbeiten.
Sollte sich Ihr Arbeitgeber grundsätzlich gegen das Arbeiten von zu Hause aus sperren, haben Sie leider das Nachsehen. Es gibt jedoch zahlreiche Gründe, die für das Arbeiten im Homeoffice sprechen. Mit etwas Vorarbeit können auch Sie Ihren Arbeitgeber überzeugen, Ihnen die Arbeit im Homeoffice zu erlauben.
Arbeitsvertragliche Regelungen schaffen Abhilfe
Streiks im öffentlichen Personennahverkehr sind keine Seltenheit und treten immer wieder auf. Es ist daher ratsam, die Voraussetzungen für die Arbeit im Homeoffice in besonderen Fällen vertraglich festzuhalten.
Hierfür bedarf es prinzipiell nicht einmal einer Anpassung des eigentlichen Arbeitsvertrags. Denn selbst mündliche Absprachen zwischen Arbeitnehmern und -gebern sind bindend.
Es empfiehlt sich dennoch, derartige Vereinbarungen schriftlich festzuhalten, damit Sie bei Bedarf schnell und unkompliziert einen Nachweis über etwaige Absprachen erbringen können. Es empfiehlt sich, eine schriftliche Zusatzvereinbarung aufzusetzen.
Wenn es eine entsprechende Absprache zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber gibt, sollten Sie idealerweise dennoch bereits vor dem Streiktermin Rücksprache mit Ihrem Arbeitgeber halten und darauf hinweisen, dass Sie am entsprechenden Datum aufgrund eines Streiks von zu Hause aus arbeiten werden. Auf diese Weise beugen Sie Missverständnissen vor und sorgen für Klarheit.
Krankmeldung während eines Bahnstreiks
Wenn sich die Fahrtzeit zur Arbeit aufgrund eines Streiks drastisch erhöht und der Arbeitgeber keine Arbeit im Homeoffice erlaubt, kann es verlockend sein, sich einfach krankzumelden, um dem Verkehrs- und Bahnchaos zu entgehen.
Ein solches Vorgehen ist jedoch in keinem Fall zu empfehlen.
Auch wenn Ihr Arbeitgeber die Krankmeldung erst einmal akzeptieren muss, kann sie einen faden Beigeschmack hinterlassen und das Vertrauensverhältnis nachhaltig schädigen. Insbesondere dann, wenn Ihre Bitte auf Homeoffice zuvor abgelehnt wurde. In solch einem Fall kann der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sein.
Sie sollten in diesem Fall in den sauren Apfel beißen und das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber suchen, um für die Zukunft ein Recht auf Homeoffice zu verhandeln.
Verspätungen wegen eines Streiks
Gerade kurzfristig angemeldete oder gar spontane Streiks können den Weg zur Arbeit zu einer wahren Herausforderung machen.
Sollten Arbeitnehmer wegen eines Bahnstreiks zu spät zur Arbeit erscheinen, ist das grundsätzlich erst einmal das Problem des Arbeitnehmers. Wie bereits erwähnt, tragen Sie als Beschäftigter das Wegerisiko. Es liegt in Ihrer Verantwortung, den Arbeitsort rechtzeitig zu erreichen.
Fordert Ihr Arbeitgeber Sie nun in Folge eines verspäteten Erscheinens am Arbeitsplatz dazu auf, die verlorene Arbeitszeit nachzuholen, so müssen Sie dieser Weisung prinzipiell nicht nachkommen. Gleichermaßen entfällt jedoch Ihr Entgeltanspruch für den Zeitraum, um welchen Sie sich verspätet haben 3.
Im Falle von Arbeitszeitkonten kann die Verspätung entsprechend mit Minusstunden quittiert werden.
Fazit: Vorsorge ist besser als Nachsorge
Sollte es im Rahmen Ihres Arbeitsverhältnisses noch keine Homeoffice-Regelung geben, ist es ratsam, bereits im Voraus das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber zu suchen, damit Sie etwaigen Bahnstreiks entspannt begegnen können.
Auch wenn sich zahlreiche Unternehmen nach wie vor gegen ein allgemeines Recht auf Homeoffice sperren, können Arbeitnehmer in vielen Fällen dennoch auf Sonderregelungen hoffen.
Angestellten die Arbeit im Homeoffice in Ausnahmefällen, wie bei einem Streik, zu erlauben, ist häufig auch in Unternehmen möglich, die dem Homeoffice ansonsten kritisch gegenüberstehen. In jedem Fall bedarf es hierfür jedoch einer vorherigen Vereinbarung.
Dieser Beitrag wurde inhaltlich geprüft von:
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Köln
Rechtsanwalt Potratz, spezialisiert auf Arbeitsrecht, vertritt seit 1998 bundesweit Mandanten. Seine Kanzlei vertritt sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Weiterhin unterstützt sie Geschäftsführer und Vorstände bei Auseinandersetzungen mit den Gesellschaftern.
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Quellenverzeichnis
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