Die meisten Arbeitnehmer haben es schon einmal erlebt: Man fühlt sich morgens nicht besonders gut und schleppt sich dennoch zur Arbeit. Über den Tag verschlechtert sich der Zustand, bis es irgendwann einfach nicht mehr geht und man sich vorzeitig abmelden muss. Doch wie wird ein solcher Tag arbeitsrechtlich behandelt? Ob die geleisteten Arbeitsstunden als Überstunden gelten und ob Arbeitgeber ihre Beschäftigten eigenständig nach Hause schicken dürfen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Das Wichtigste in Kürze
Meldet sich ein Arbeitnehmer im Laufe eines Arbeitstages krank, wird der Tag so behandelt, als hätte der Beschäftigte seine vereinbarte Arbeitszeit vollständig abgeleistet. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine Vergütung des gesamten Arbeitstages und die verlorenen Stunden müssen nicht nachgearbeitet werden.
Vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes wegen Krankheit
Erkrankt ein Arbeitnehmer im Laufe eines Arbeitstages, so kann er sich selbstverständlich auch nach begonnener Arbeit krankmelden und seine Tätigkeit entsprechend vorzeitig einstellen.
Trotz der vorzeitigen Beendigung des Arbeitstages haben Arbeitnehmer Anspruch auf das vollständige Arbeitsentgelt.
Arbeitnehmer sollten ihre Arbeit jedoch in keinem Fall ohne vorherige Rücksprache mit ihrem Arbeitgeber einstellen. Das unentschuldigte Verlassen des Arbeitsplatzes kann andernfalls eine Abmahnung nach sich ziehen.
Ob Beschäftigte eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssen, ist von den Regelungen im Arbeits- und Tarifvertrag abhängig.
Grundsätzlich gelten für eine Krankmeldung während der Arbeitszeit dieselben Regeln, wie für eine Krankmeldung, die bereits vor Beginn des Arbeitstages eingereicht wurde.
Keine Minusstunden durch plötzliche Krankheit
Verlassen Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz aufgrund von Krankheit vorzeitig, entstehen hierdurch in keinem Fall Minusstunden. Die verlorene Arbeitszeit muss dementsprechend nicht nachgearbeitet werden.
Auch die Verrechnung mit bereits angesammelten Überstunden ist unzulässig. Entscheidend ist jedoch, dass sich der Arbeitnehmer ordnungsgemäß beim Arbeitgeber krankmeldet.
Dabei ist es jedoch unerheblich, wie weit im Voraus die Krankmeldung eingereicht wurde. Auch wer sich beispielsweise erst eine Stunde vor Arbeitsbeginn krankmeldet, kommt seiner Anzeigepflicht nach, sofern die Arbeitsunfähigkeit nicht früher erkennbar war.
Tauchen anschließend dennoch Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto des Beschäftigten auf, handelt es sich dabei häufig lediglich um einen Buchungs- beziehungsweise Übertragungsfehler.
Arbeitnehmer sollten in einem solchen Fall das Gespräch mit ihrem Arbeitgeber oder der Personalabteilung suchen und um eine Korrektur bitten.
Zeigt sich der Arbeitgeber uneinsichtig, kann der Betriebsrat oder als letzte Eskalationsstufe ein Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultiert werden.
Denn das Arbeitsrecht ist hier eindeutig: Wer krank ist, kann nicht arbeiten und einem erkrankten Arbeitnehmer dürfen hierdurch keine Nachteile entstehen.
Kein Anspruch auf Überstunden bei Krankmeldung während des Arbeitstags
Wird ein Arbeitnehmer untertägig krank, können hieraus weder Minus- noch Überstunden entstehen.
Hat ein Arbeitnehmer beispielsweise 2, 3 oder 4 Stunden gearbeitet und meldet sich anschließend krank, so werden ihm die geleisteten Arbeitsstunden nicht als Überstunden gutgeschrieben.
Andernfalls würde der Arbeitgeber den Beschäftigten doppelt bezahlen.
Denn obwohl der Arbeitnehmer sich im Laufe des Arbeitstages krankgemeldet hat, besteht seinerseits dennoch ein Anspruch auf das vollständige Arbeitsentgelt.
Auch bei halbem Arbeitstag Anspruch auf volle Vergütung
Erkrankt ein Arbeitnehmer im Laufe eines Arbeitstages, sodass er weniger Arbeitsstunden leistet, als vertraglich vereinbart, so gilt dennoch der gesamte Tag als gearbeitet.
Die verlorenen Arbeitsstunden müssen nicht nachgearbeitet werden und es besteht dennoch ein Anspruch auf Vergütung für den gesamten Arbeitstag.
Sollte die Arbeitsunfähigkeit länger andauern, so beginnt die Entgeltfortzahlung erst ab dem Folgetag.
Ärztliches Attest nicht unbedingt notwendig
Auch wenn sich ein Arbeitnehmer erst im Laufe des Arbeitstags krankmeldet, besteht keine grundlegende Verpflichtung, einen Arzt aufzusuchen oder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.
Grundsätzlich gilt, dass ein ärztliches Attest erst dann vorgelegt werden muss, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage andauert.
Erscheint ein Beschäftigter also morgens zur Arbeit, verlässt die Arbeit aufgrund von Krankheit früher und erscheint am nächsten oder übernächsten Tag wieder zur Arbeit, muss er prinzipiell kein Attest vorlegen.
Jedoch sollte beachtet werden, dass Arbeits- und Tarifverträge abweichende Regelungen vorsehen können. So ist es je nach Vereinbarung möglich, dass bereits ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest vorgelegt werden muss.
Auch Sonderregelungen für den Fall einer Krankmeldung im Laufe des Arbeitstages sind grundsätzlich möglich. Arbeitgeber können ohne die Angabe von Gründen eine ärztliche Bescheinigung ab dem ersten Krankheitstag fordern – auch eine mündliche Regelung hierzu ist zulässig.
Auch Arbeitgeber dürfen kranke Mitarbeiter nach Hause schicken
Fühlt sich ein Arbeitnehmer schlecht, darf er sich krankmelden und früher nach Hause gehen. Doch auch Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht und daher das Recht, kranke Mitarbeiter nach Hause zu schicken.
Hat der Arbeitgeber den Eindruck, ein Mitarbeiter sei krank, so kann er diesen auffordern, die Arbeit einzustellen und nach Hause zu gehen. Dies dient nicht nur zum Schutz des kranken Arbeitnehmers, sondern beispielsweise auch zur Vermeidung der Ansteckung weiterer Beschäftigter.
Auch in diesem Fall haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf die volle Vergütung des Arbeitstags.