Leisten Arbeitnehmer Überstunden, haben sie einen grundsätzlichen Anspruch auf die Auszahlung der angesammelten Überstunden. Einige Arbeits- und Tarifverträge sehen stattdessen jedoch einen Freizeitausgleich für Überstunden vor. Wer einen Anspruch auf das Abfeiern von Überstunden hat und in welchen Fällen dies sogar rechtlich erforderlich ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Das Wichtigste in Kürze
Ein Anspruch auf einen Freizeitausgleich ergibt sich im Regelfall nur dann, wenn es eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt. Ausnahmen gelten jedoch, wenn Mehrarbeit zu einer Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten führt.
Was genau ist ein Freizeitausgleich?
Unter einem Freizeitausgleich versteht man die Abgeltung geleisteter Überstunden und Mehrarbeit durch zusätzliche Freizeit. Hat ein Arbeitnehmer Überstunden oder Mehrarbeit geleistet, sodass sich auf dessen Arbeitszeitkonto ein Guthaben angesammelt hat, so hat er die Möglichkeit, dieses Guthaben durch zusätzliche Freizeit auszugleichen.
Umgangssprachlich spricht man häufig auch vom Abfeiern der Überstunden. Leistet ein Arbeitnehmer beispielsweise in einer Woche 5 Überstunden, so kann er, sofern vertraglich ein Anspruch auf einen Freizeitausgleich besteht, seine Arbeitszeit nach Rücksprache mit seinem Arbeitgeber zu einem späteren Zeitpunkt um 5 Stunden verkürzen.
Ein Freizeitausgleich ist kein Urlaub
Es wird fälschlicherweise häufig angenommen, dass ein Freizeitausgleich rechtlich mit dem Erholungsurlaub des Beschäftigten gleichzusetzen ist. Dem ist jedoch nicht so und die daraus resultierenden Folgen sind vielen Arbeitnehmern nicht bekannt.
Der reguläre Urlaub eines Arbeitnehmers, der sogenannte Erholungsurlaub, dient, wie der Name bereits vermuten lässt, der Erholung des Beschäftigten. Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs, kann er sich die verlorenen Urlaubstage gutschreiben lassen, sofern er seinem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt.
Für einen Freizeitausgleich, also für das Abfeiern angesammelter Überstunden, gilt dies jedoch nicht. Dabei ist es unerheblich, ob der Freizeitausgleich vom Arbeitgeber angeordnet wurde oder er auf Antrag des Beschäftigten erfolgt.
Erkrankt ein Arbeitnehmer während eines Freizeitausgleichs, so hat er keinen Anspruch auf eine Rückerstattung der ihm entgangenen Freizeit. Das Abfeiern von Überstunden ist nicht mit einem Erholungsurlaub, sondern viel mehr mit einem arbeitsfreien Tag gleichzusetzen. Wenn ein Arbeitnehmer am Wochenende oder an einem Feiertag erkrankt, hat er schließlich auch keinen Anspruch auf einen zusätzlichen freien Tag.
Zu beachten ist jedoch, dass der Zeitpunkt des Freizeitausgleichs im Falle einer Erkrankung des Arbeitnehmers bereits im Vorfeld festgestanden haben muss. Ein Arbeitgeber kann den Freizeitausgleich nicht erst dann anordnen, wenn der Beschäftigte bereits erkrankt ist. Das Verrechnen von Urlaubstagen mit Überstunden ist nicht zulässig.
Wer hat Anspruch auf einen Freizeitausgleich?
Es gibt keinen grundsätzlichen Anspruch auf einen Freizeitausgleich bei geleisteten Überstunden. Arbeitnehmer haben jedoch einen gesetzlichen Anspruch auf die Bezahlung von Überstunden.
Ein Freizeitausgleich ist dem Arbeitnehmer nur dann zu gewähren, wenn es eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung gibt. Häufig enthalten Arbeits- oder Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen Klauseln, welche den Ausgleich von Überstunden durch zusätzliche Freizeit vorsehen.
Fehlt eine solche Vereinbarung, kann weder der Arbeitgeber das Abfeiern von Überstunden anordnen, noch kann der Arbeitnehmer einen Freizeitausgleich einfordern. Ein Freizeitausgleich bei Überstunden erfordert stets eine gesonderte Vereinbarung.
Es ist jedoch möglich, eine solche Vereinbarung auch mündlich zu treffen. Sieht der Arbeits- oder Tarifvertrag keinen Freizeitausgleich für Überstunden vor, können sich Arbeitnehmer und -geber auch nachträglich noch im gegenseitigen Einverständnis auf das Abfeiern von Überstunden einigen.
Eine Ausnahme kann sich jedoch dann ergeben, wenn es sich nicht um Überstunden, sondern um Mehrarbeit handelt. Wurden die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten verletzt, liegt Mehrarbeit vor. Das Arbeitszeitgesetz sieht vor, dass die werktägliche Arbeitszeit im Sechsmonatsdurchschnitt 8 Stunden nicht überschreiten darf.
Führen geleistete Überstunden zu einer Überschreitung dieser Grenze, ist dem Arbeitnehmer ein Freizeitausgleich zu gewähren, um den Sechsmonatsdurchschnitt einzuhalten. Dies gilt auch dann, wenn es keine gesonderte Vereinbarung über einen Freizeitausgleich gibt. Das Arbeitszeitgesetz hat hier in jedem Fall Vorrang.
Regelungen in Arbeits- und Tarifverträgen
Viele Arbeits- und Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen sehen einen Freizeitausgleich für geleistete Überstunden vor. Der Arbeitgeber hat darüber hinaus die Möglichkeit, sich vertraglich ein Wahlrecht einräumen zu lassen.
So ist es dem Arbeitgeber möglich, wenn vertraglich vereinbart, einseitig darüber zu entscheiden, ob er angesammelte Überstunden eines Mitarbeiters ausbezahlt oder mit zusätzlicher Freizeit ausgleicht.
Besteht vertraglich lediglich ein Anspruch auf das Abfeiern, jedoch nicht auf die Auszahlung von Überstunden, muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Beantragung eines Freizeitausgleichs gewährt wird.
Ist das Abfeiern der Überstunden aus betrieblichen Gründung längerfristig nicht möglich, sind die Überstunden vom Arbeitgeber auszuzahlen.
Arbeitgeber können Freizeitausgleich anordnen
Sofern es eine Vereinbarung über einen Freizeitausgleich gibt, können Arbeitgeber diesen einseitig anordnen. Der Arbeitnehmer hat, sofern nicht anders vereinbart, kein Mitspracherecht in Bezug auf den Zeitpunkt des Freizeitausgleichs.
Zwar sind Arbeitgeber dazu angehalten, den Freizeitausgleich in Absprache mit dem Arbeitnehmer zu planen, doch die letztendliche Entscheidung über den Zeitpunkt des Ausgleichs liegt beim Arbeitgeber.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass Arbeitgeber einen Antrag auf Freizeitausgleich grundlos ablehnen dürfen. Arbeitgeber haben zwar einen gewissen Spielraum bei der Genehmigung derartiger Anträge, sie können diese jedoch nicht ohne die Angabe von Gründen ablehnen. Der Arbeitnehmer hat sich den Anspruch auf Freizeitausgleich schließlich durch die Leistung von Überstunden erarbeitet.
Wie wird ein Freizeitausgleich berechnet?
Angesammelte Überstunden werden im Verhältnis 1:1 abgebaut. Hat ein Arbeitnehmer 10 Überstunden geleistet und besteht ein Anspruch auf Freizeitausgleich, so sind ihm entsprechend 10 zusätzliche Stunden Freizeit zu gewähren.
Grundsätzlich denkbar ist jedoch auch, dass Überstunden stärker gewichtet werden. Ein Arbeits- oder Tarifvertrag beziehungsweise eine Betriebsvereinbarung könnten beispielsweise festlegen, dass Überstunden bei einem Freizeitausgleich im Verhältnis 1:1,5 zu werten sind. Bei 10 Überstunden würde sich in diesem Fall ein Anspruch auf einen Freizeitausgleich von 15 Stunden ergeben.
Derartige Vereinbarungen sind jedoch die absolute Ausnahme. Im Regelfall gilt: Für jede geleistete Überstunde ergibt sich ein Freizeitausgleich in gleicher Höhe.
Überstunden mit Gehalt abgegolten: trotzdem Freizeitausgleich?
Nicht selten sehen Arbeits- und Tarifverträge die Abgeltung von Überstunden mit dem Gehalt vor. Im Klartext bedeutet das: Der Arbeitnehmer ist Leistung von unbezahlten Überstunden verpflichtet.
Eine derartige Klausel ist prinzipiell zulässig und rechtskonform, sofern sie präzise genug formuliert ist. Entscheidend ist hierbei, dass eine konkrete Anzahl an zu leistenden unbezahlten Überstunden genannt wird. Die pauschale Abgeltung sämtlicher Überstunden mit dem Gehalt ist unzulässig.
Trotz der Abgeltung von Überstunden mit dem Gehalt kann sich für Arbeitnehmer ein Anspruch auf einen Freizeitausgleich ergeben. Und zwar dann, wenn Mehrarbeit vorliegt und ohne die Gewährung des Freizeitausgleichs die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten überschritten würden.
Eine zweite Möglichkeit ergibt sich dann, wenn mehr Überstunden geleistet wurden, als vertraglich vereinbart. Sieht der Arbeitsvertrag beispielsweise eine Abgeltung von bis zu 10 Überstunde pro Monat mit dem Gehalt vor und leistet der Arbeitnehmer in einem Monat 15 Überstunden, so ergibt sich ein Überstundenanspruch in Höhe von 5 Stunden.
Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall einen Anspruch auf den Ausgleich von 5 Überstunden. Grundsätzlich besteht, wie bereits erwähnt, nur ein Anspruch auf die Auszahlung der Überstunden. Arbeitnehmer und -geber können sich jedoch einvernehmlich darauf einigen, die angesammelten Überstunden durch einen Freizeitausgleich abzugelten.