In einigen Unternehmen fallen zwar beinahe täglich Überstunden an, jedoch nur in einem sehr geringen Umfang. Für viele Arbeitnehmer stellt sich daher die Frage, ob bereits 10 oder 20 Minuten zusätzliche Arbeitszeit als Überstunden zählen. In diesem Beitrag erfahren Sie, ab wann Überstunden Überstunden sind, in welchen Fällen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung haben und was es zu beachten gilt.

Das Wichtigste in Kürze

Grundsätzlich beginnen Überstunden ab der ersten Minute, welche über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht. Ein Anspruch auf Vergütung der Überstunden kann jedoch unter Umständen im Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen werden.

Keine grundsätzliche Pflicht zur Leistung von Überstunden

Eine gesetzliche Pflicht zur Leistung von Überstunden ist im deutschen Arbeitsrecht nicht vorgesehen. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer prinzipiell nicht von ihrem Arbeitgeber dazu verpflichtet werden können, Überstunden zu leisten, welche über den vertraglich vereinbarten Umfang ihrer Arbeitszeit hinausgehen.

Jedoch können Arbeits- und Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen Klauseln enthalten, welche den Arbeitnehmer zu Überstunden verpflichten. Fehlt eine solche Klausel, kann der Arbeitgeber Überstunden nur in absoluten Notfällen anordnen. Beispielsweise infolge von Naturkatastrophen.

Dringende Aufträge oder Personalknappheit hingegen rechtfertigen prinzipiell nicht die Anordnung von Überstunden. Besteht keine vertragliche Verpflichtung zur Leistung von Überstunden, kann der Arbeitnehmer die Überstunden verweigern.

Ist der Arbeitnehmer jedoch vertraglich zur Leistung von Überstunden verpflichtet oder leistet freiwillig Überstunden, so stellt sich die Frage, ab wann die zusätzliche Arbeitszeit als Überstunde gewertet wird und inwieweit der Arbeitnehmer für diese Arbeit entlohnt werden muss.

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Wann fängt eine Überstunde an: Sind 10 Minuten schon Überstunden?

Ab wann zusätzliche Arbeitszeit als Überstunde zählt, ist relativ leicht zu beantworten:

Jede Minute, welche über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht, ist eine (anteilige) Überstunde. Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung oder einen Freizeitausgleich.

Es dürfen jedoch nicht nur einzelne Tage betrachtet werden. Vielmehr muss die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit berücksichtigt werden. Schließlich haben Arbeitgeber für gewöhnlich einen gewissen Spielraum, was die Einteilung der täglichen Arbeitszeit anbelangt.

In der Regel wird in einem Arbeitsvertrag nicht die tägliche, sondern die wöchentliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers festgelegt. Es finden sich beispielsweise Formulierungen wie „Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richten sich nach der betrieblichen Einteilung.“.

Man könnte also annehmen, dass der Arbeitgeber frei entscheiden kann, wie sich die wöchentliche Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage des Beschäftigten verteilt. Jedoch sind in jedem Fall die Höchstarbeitszeiten laut Arbeitszeitgesetz einzuhalten.

Demnach darf die werktägliche Arbeitszeit 8 Stunden nicht überschreiten. In Ausnahmefällen kann die tägliche Arbeitszeit jedoch auf bis zu 10 Stunden erhöht werden, sofern die Mehrarbeit innerhalb von sechs Monaten durch zusätzliche Freizeit ausgeglichen wird 1.

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Überstunden müssen bezahlt werden

Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer für geleistete Überstunden bezahlt werden. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, Überstunden durch zusätzliche Freizeit auszugleichen.

Allerdings muss sich der Arbeitgeber dieses Recht einräumen lassen. Enthalten Arbeits- und Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung keine derartige Vereinbarung, haben Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf eine Auszahlung der Überstunden.

Überstunden verfallen erst nach drei Jahren. Darüber hinaus muss die Arbeitszeit aller Beschäftigten inzwischen erfasst und dokumentiert werden 2. So haben Arbeitnehmer auch bei verhältnismäßig geringen Überstundenzeiten die Möglichkeit, diese „anzusparen“ und auszahlen zu lassen.

Es muss jedoch beachtet werden, dass in einigen Arbeitsverträgen unbezahlte Überstunden vorgesehen sind. Derartige Regelungen sind prinzipiell zulässig, sofern sie korrekt formuliert sind.

Vorsicht: Überstunden können mit dem Gehalt abgegolten werden

Es ist prinzipiell zulässig, Arbeitnehmer zu unbezahlten Überstunden zu verpflichten. Man spricht hierbei von einer Abgeltung der Überstunden mit dem vertraglich vereinbarten Gehalt. Entscheidend ist, dass es eine vertragliche Vereinbarung hierüber gibt.

Existiert eine solche Vereinbarung nicht, sind sämtliche Überstunden zu vergüten oder, je nach Übereinkunft, mit zusätzlicher Freizeit abzugelten.

Um Überstunden mit dem Gehalt abzugelten, muss die Formulierung eine genaue Aussage darüber treffen, wie viele zusätzliche Arbeitsstunden der Beschäftigte unbezahlt zu leisten hat. Eine pauschale Abgeltung sämtlicher Überstunden mit dem Gehalt ist nicht zulässig.

Doch auch wenn eine solche Regelung existiert, bleibt die Antwort auf die Frage, ab wann Überstunden als Überstunden zählen, prinzipiell dieselbe: ab der ersten Minute.

Enthält ein Arbeitsvertrag beispielsweise eine Regelung, nach welche der Arbeitnehmer bei einer 40-Stunden-Woche bis zu 2 zusätzliche Überstunden zu leisten hat, zählt jede Minute, welche über die vereinbarten 42 Stunden hinausgeht, als Überstunde und muss vergütet oder mit Freizeit ausgeglichen werden.

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Quellenverzeichnis

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Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine rechtliche Beratung dar. Bei konkreten rechtlichen Fragen oder Anliegen empfehlen wir, einen Rechtsanwalt zu konsultieren.