Der Gesetzgeber spricht Arbeitnehmern mit einer Schwerbehinderung eine Reihe von Rechten zu, die es ihnen ermöglichen sollen, ihrer Arbeit bestmöglich nachgehen zu können. Hierzu zählen auch Sonderrechte in Bezug auf etwaige Mehrarbeit. Warum dennoch auch schwerbehinderte Arbeitnehmer Überstunden leisten dürfen, wie diese zu bezahlen sind und was es bei einem Freizeitausgleich zu beachten gilt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Das Wichtigste in Kürze

Schwerbehinderte Arbeitnehmer dürfen Mehrarbeit grundsätzlich verweigern. Es ist ihnen jedoch nicht verboten, Mehrarbeit zu leisten, sofern diese freiwillig erfolgt. Überstunden hingegen können vom Arbeitgeber angeordnet werden, sofern die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten eingehalten werden und eine entsprechende Vereinbarung vorliegt.

Keine Pflicht zur Mehrarbeit für Menschen mit Schwerbehinderung

Grundsätzlich sind schwerbehinderte Arbeitnehmer nicht zur Leistung von Mehrarbeit verpflichtet. Laut § 207 SGB IX müssen schwerbehinderte Menschen auf ihr Verlangen hin von etwaiger Mehrarbeit freigestellt werden.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass Mehrarbeit grundsätzlich verboten ist. Prinzipiell dürfen auch Arbeitnehmer mit einer Schwerbehinderung Mehrarbeit leisten, sofern sie sich freiwillig hierzu bereiterklären.

In diesem Fall gelten für sie dieselben Regeln wie für alle anderen Beschäftigten: Werden die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten überschritten, muss der Arbeitgeber einen zusätzlichen Freizeitausgleich schaffen, damit die Höchstarbeitszeiten im Sechsmonatsdurchschnitt eingehalten werden.

Von der Mehrarbeit abzugrenzen sind jedoch gewöhnliche Überstunden. Auch wenn die beiden Begriffe häufig synonym verwendet werden, beschreiben sie zwei unterschiedliche Arten der Arbeitszeitüberschreitung.

Überstunden sind dennoch grundsätzlich erlaubt

Von Mehrarbeit spricht man, wenn die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten überschritten werden. Soll ein schwerbehinderter Arbeitnehmer werktäglich mehr als 8 Stunden arbeiten, handelt es sich um Mehrarbeit, welche der Beschäftigte verweigern kann.

Überstunden beschreiben hingegen die Überschreitung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Arbeitet ein Beschäftigter beispielsweise nur 6 Stunden pro Tag und wird von seinem Arbeitgeber zur Leistung von 2 weiteren Arbeitsstunden verpflichtet, handelt es sich zwar um Überstunden, nicht jedoch um Mehrarbeit im arbeitsrechtlichen Sinne.

Daher können auch Arbeitnehmer mit einer Schwerbehinderung zur Leistung von Überstunden verpflichtet werden. Entscheidend ist, dass die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten nicht überschritten werden. Andernfalls können Arbeitnehmer die Überstunden verweigern.

Anordnung von Überstunden muss vereinbart werden

Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber nur dann Überstunden anordnen, wenn eine entsprechende Vereinbarung besteht. Dies gilt nicht nur für schwerbehinderte Mitarbeiter, sondern für alle Beschäftigten.

Enthält der Arbeits- oder Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung keine entsprechende Klausel, sind Mitarbeit prinzipiell nicht dazu verpflichtet, Überstunden zu leisten.

Nur in absoluten Notsituationen können Arbeitnehmer auch dann zu Überstunden verpflichtet werden, wenn keine entsprechende Vereinbarung besteht. Beispielsweise dann, wenn die zusätzliche Arbeitszeit aufgrund einer Naturkatastrophe oder infolge eines Brandes dringend erforderlich ist.

Doch auch in einer solchen Notsituation sind die Höchstarbeitszeiten zwingend einzuhalten. Während sie bei Beschäftigten ohne Schwerbehinderung auf bis zu 10 Stunden ausgeweitet werden können, gilt für Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung nach wie vor die gesetzliche Obergrenze von 8 Arbeitsstunden pro Werktag.

Anspruch auf Vergütung der Überstunden

Leisten Arbeitnehmer Überstunden, haben sie einen Anspruch auf Vergütung. Auch dieses Recht gilt für alle Arbeitnehmer gleichermaßen und nicht nur für Beschäftigte mit einer Schwerbehinderung.

Für jede geleistete Überstunde ist der Beschäftigte angemessen zu entlohnen – alternativ kann nach vertraglicher Vereinbarung auch ein Freizeitausgleich gewährt werden.

Für die Berechnung der Überstunden wird der Stundenlohn des Arbeitnehmers herangezogen. Bei Angestellten mit einem Festgehalt wird dieser anhand des Bruttogehalts und der Anzahl der monatlichen Arbeitsstunden berechnet.

Einige Arbeits- oder Tarifverträge enthalten Regelungen zur Erbringung unbezahlter Überstunden. Solche Klauseln sind prinzipiell zulässig, müssen jedoch richtig formuliert sein.

Die Abgeltung von Überstunden mit dem Gehalt ist nur dann erlaubt, wenn die Vereinbarung eine konkrete Anzahl an unentgeltlich zu erbringenden Überstunden enthält.

Auch bei schwerbehinderten Arbeitnehmern sind derartige Klauseln grundsätzlich möglich. Entscheidend ist jedoch auch hier, dass die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten eingehalten werden.

Hat ein Mitarbeiter mit Schwerbehinderung mit der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit bereits die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten erreicht, kann er nicht zur Erbringung zusätzlicher Arbeitsstunden verpflichtet werden – unabhängig davon, ob diese bezahlt oder unbezahlt erfolgen sollen.

Abfeiern von Überstunden nur nach Absprache möglich

Häufig haben Mitarbeiter die Möglichkeit zu wählen, ob sie ihre Überstunden abfeiern oder auszahlen möchten. Rein rechtlich haben Arbeitnehmer jedoch nur einen Anspruch auf eine Auszahlung der Überstunden. Sollen Überstunden durch Freizeit ausgeglichen werden, muss der Arbeitgeber hiermit einverstanden sein – dies gilt auch bei schwerbehinderten Beschäftigten.

Gleichermaßen haben jedoch auch Arbeitgeber nicht ohne Weiteres die Möglichkeit, die Überstunden ihrer Beschäftigten eigenmächtig in Freizeit umzuwandeln. Hierfür bedarf es einer vertraglichen Vereinbarung.

Ist der Arbeitgeber nicht damit einverstanden, dass ein schwerbehinderter Mitarbeiter seine angesammelten Überstunden abfeiern möchte und besteht stattdessen darauf, die Überstunden auszahlen zu lassen, sollte zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber gesucht werden.