Viele Arbeits- und Tarifverträge enthalten Überstundenregelungen, welche den Arbeitgeber dazu befähigen, Beschäftigte zu Überstunden zu verpflichten. Doch nicht alle Vereinbarungen sind rechtskonform. Gerade Klauseln zu unbezahlten Überstunden sind häufig so schwammig formuliert, dass sie ungültig sind. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie eine Überstundenregelung im Arbeitsvertrag formuliert sein muss, wann Sie als Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung haben und in welchen Fällen Sie Überstunden gänzlich verweigern dürfen.

Das Wichtigste in Kürze

Enthält ein Arbeitsvertrag keine Überstundenregelung, so besteht seitens des Arbeitnehmers keine Pflicht zur Leistung von Überstunden. Ausnahmen gelten nur dann, wenn eine akute betriebliche Notsituation die Überstunden zwingend erforderlich macht.

Keine allgemeine Pflicht zur Leistung von Überstunden

Anders als häufig vermutet, besteht keine allgemeine Pflicht zur Erbringung von Überstunden. Arbeitnehmer sind lediglich dazu verpflichtet, die im Arbeitsvertrag festgeschriebene Arbeitsleistung in der dafür vorgesehenen Arbeitszeit zu erbringen.

Enthält der Arbeits- oder Tarifvertrag keinen Passus, welcher den Arbeitnehmer zur Leistung von Überstunden verpflichtet, kann der Arbeitgeber diese auch nicht anordnen. Jedoch können neben Arbeits- und Tarifverträgen auch Betriebsvereinbarungen Klauseln enthalten, welche den Arbeitnehmer möglicherweise zur Erbringung von Überstunden verpflichten.

Enthält der Arbeitsvertrag keine Überstundenregelung, bedeutet dies daher nicht zwangsläufig, dass keine Verpflichtung zu Überstunden vorliegt. Arbeitnehmer sollten daher nicht nur ihren Arbeitsvertrag, sondern auch alle anderen relevanten Verträge und Vereinbarungen auf etwaige Überstundenklauseln prüfen.

Auch Einzelvereinbarung über die Leistung von Überstunden können geschlossen werden. Hierbei ist zu beachten, dass eine entsprechende Vereinbarung nicht zwingend schriftlich erfolgen muss. Auch eine mündliche Vereinbarung zur Erbringung von Überstunden ist möglich und rechtlich bindend. Arbeitnehmer sollten daher auch eine mündliche Zusage vorher ausreichend abwägen.

Liegt weder eine schriftliche noch eine mündliche Vereinbarung über die Pflicht zur Leistung von Überstunden vor, kann der Arbeitnehmer nicht dazu verpflichtet werden, Mehrarbeit zu leisten, welche über den vertraglich vereinbarten Umfang hinausreicht.

Wie müssen Überstunden vertraglich geregelt sein?

Eine Überstundenregelung im Arbeitsvertrag muss so formuliert sein, dass für den Arbeitnehmer klar ersichtlich ist, dass er sich auf Anordnung zur Leistung von Überstunden verpflichtet.

Es empfiehlt sich, auch die Möglichkeiten zum Ausgleich etwaiger Überstunden im Arbeitsvertrag festzuhalten. Grundsätzlich haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Bezahlung der Überstunden. Ein Freizeitausgleich der Überstunden ist ebenfalls möglich, sofern hierzu eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorliegt.

Enthält der Arbeitsvertrag lediglich einen Passus, welcher dem Arbeitgeber die Anordnung von Überstunden erlaubt, jedoch keine Aussage über die Vergütung oder einen möglichen Freizeitausgleich trifft, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung der durch ihn geleisteten Überstunden.

Unbezahlte Überstunden im Arbeitsvertrag

Die Anordnung von unbezahlten Überstunden ist prinzipiell zulässig, sofern der Arbeits- oder Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung eine entsprechende Klausel enthält.

Jedoch muss die Regelung so deutlich formuliert sein, dass für den Beschäftigten der Umfang der zu leistenden unbezahlten Überstunden zweifelsfrei ersichtlich ist.

Eine Abgeltung der Überstunden mit dem Gehalt ist zulässig, sofern der Umfang der zu leistenden unbezahlten Überstunden klar definiert ist. Eine pauschale Abgeltung aller Überstunden ist hingegen unzulässig.

Eine gültige Klausel zur Leistung unbezahlter Überstunden könnte beispielsweise lauten: „Die Leistung von bis zu 10 Überstunden pro Monat ist mit dem Gehalt des Beschäftigten abgegolten“.

Leistet ein Arbeitnehmer nun in einem Monat 15 Überstunden, so sind die ersten 10 Überstunden mit dem Gehalt abgegolten, sodass für diese 10 Überstunden kein Anspruch auf Vergütung besteht. Lediglich für die 5 Überstunden, welche über das vertraglich vereinbarte Kontingent von 10 Überstunden pro Monat herausreichen, besteht ein gesonderter Anspruch.

Auch die Kombination aus unbezahlten Überstunden und einem Freizeitausgleich für die darüber hinausreichenden Überstunden ist rechtlich möglich.

Die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten sind einzuhalten

Unabhängig davon, ob es sich um bezahlte oder unbezahlte Überstunden handelt, sind die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten in jedem Fall einzuhalten.

Der Gesetzgeber sieht eine tägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden vor. In Ausnahmefällen kann die tägliche Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden erhöht werden, sofern die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit innerhalb von 6 Monaten 8 Stunden nicht überschreitet.

Um sicherzustellen, dass die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit diesen Umfang nicht überschreitet, müssen Arbeitgeber unter Umständen einen Freizeitausgleich gewähren. Dieser Anspruch auf einen Freizeitausgleich entsteht unabhängig davon, ob es eine allgemeine Vereinbarung über einen Freizeitausgleich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gibt.

Die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten haben in jedem Fall Vorrang. Besteht kein vertraglicher Anspruch auf einen Freizeitausgleich, weil Überstunden beispielsweise stets ausbezahlt werden, muss dem Arbeitnehmer dennoch ein Freizeitausgleich zugesprochen werden, sofern er andernfalls die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten überschreiten würde.

Überstunden auszahlen oder abfeiern?

Wie bereits erwähnt, sollten Überstundenregelungen im Arbeitsvertrag idealerweise bereits definieren, wie und in welchem Umfang geleistete Überstunden auszugleichen sind. Ist dies nicht der Fall, haben Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf eine Auszahlung der Überstunden.

Ein Freizeitausgleich (abfeiern) der Überstunden kann nur dann vom Arbeitgeber angeordnet werden, wenn er sich dieses Recht vertraglich eingeräumt hat. Fehlt eine solche Vereinbarung, kann weder der Arbeitgeber einen Freizeitausgleich anordnen, noch kann der Arbeitnehmer diesen einfordern.

Bei einer fehlenden Vereinbarung zum Freizeitausgleich im Arbeitsvertrag kann jedoch dennoch im beidseitigen Einvernehmen eine entsprechende Einzelvereinbarung geschlossen werden.

Überstunden verweigern bei fehlender Vereinbarung im Arbeitsvertrag

Enthält der Arbeitsvertrag keine Überstundenvereinbarung, kann der Arbeitnehmer nicht dazu verpflichtet werden, Überstunden zu leisten. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer die Überstunden verweigern.

Ausnahmen ergeben sich nur dann, wenn eine akute betriebliche Notsituation vorliegt, welche die Leistung von Überstunden zwingend erforderlich macht. Ständiger Personalmangel ist jedoch beispielsweise keine derartige Notsituation.

Ist das Unternehmen jedoch von einer Naturkatastrophe oder einem Brand betroffen, sodass die Arbeitsleistung des Beschäftigten zwingend erforderlich ist, um die Betriebsabläufe aufrechtzuerhalten, so kann dieser trotz fehlender Überstundenvereinbarung verpflichtet werden, Mehrarbeit zu leisten.

Freiwillige Überstunden sind jederzeit möglich

Freiwillige Überstunden hingegen sind jederzeit möglich und es bedarf hierfür keiner vertraglichen Vereinbarung. Arbeitnehmer sollten jedoch vorab klären, ob sie für die Erbringung der Überstunden zusätzlich entlohnt werden.

Prinzipiell besteht auch für freiwillige Überstunden ein Anspruch auf Vergütung. Allerdings müssen die Überstunden vom Arbeitgeber angefragt oder von diesem zumindest geduldet werden.

Erbringen Sie als Arbeitnehmer Überstunden, ohne dass Ihr Arbeitgeber oder ein Vorgesetzter darüber Bescheid weiß, laufen Sie Gefahr, dass sich kein Vergütungsanspruch ergibt.

Überstunden müssen angekündigt werden

Überstunden müssen im Regelfall mindestens 4 Tage im Voraus angekündigt werden, um den Arbeitnehmern genügend Vorlauf zu geben.

Diese Ankündigungsfrist soll sicherstellen, dass sich die Arbeitnehmer auf die zusätzliche Arbeitszeit vorbereiten können. Die Notwendigkeit, Überstunden anzukündigen, ergibt sich aus der Pflicht des Arbeitgebers, sowohl die betrieblichen als auch die individuellen Interessen der Arbeitnehmer angemessen zu berücksichtigen.

In Ausnahmefällen, wie beispielsweise bei einem Unfall im Betrieb, dem Ausfall einer wichtigen Maschine oder der plötzlichen Verhinderung eines Kollegen, kann die Ankündigungsfrist entfallen. Die Entscheidung des Arbeitgebers, Überstunden kurzfristig anzuordnen, erfolgt „nach billigem Ermessen“, sollte aber weiterhin die Interessen des jeweiligen Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass Überstunden nicht willkürlich angeordnet werden dürfen. Die Anordnung erfordert stets eine angemessene Begründung. Gründe für die Notwendigkeit von Überstunden können Personalmangel, dringende Aufträge oder eine besonders hohe Auslastung sein.